Kommt jetzt der Glücksspiel-Boom in Deutschland?

online casinoMitte dieses Jahres traten mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland neue Regeln zum Online-Glücksspiel in Kraft. Die vielleicht wichtigste Änderung ist, dass Online Casinos nun auch hierzulande eine offizielle Lizenz beantragen können. Das Spielen an den virtuellen Roulette- und Pokertischen sowie an Spielautomaten wurde damit legalisiert. Viele reden bereits davon, dass nun ein regelrechter Glücksspiel-Boom auf das Land zurollen könnte. Aber stimmt das wirklich?

Online-Glücksspiel schon seit Jahren am boomen

Fakt ist, dass die Anbieter von Online-Glücksspielen schon seit Jahren zweistellige Umsatzsteigerungen verzeichnen, auch in Deutschland. In 2018 wurden nach Angaben des Statistik-Dienstes „Statista“ in den in Deutschland seinerzeit noch nicht regulierten Online Casinos bereits 2,4 Milliarden Euro umgesetzt. In 2019 waren es schon knapp 3 Milliarden Euro. Im Corona-Jahr 2020 schossen die Umsätze während der Lockdowns noch einmal kräftig nach oben. Die Angaben in den Quellen schwanken jedoch etwas.

Die Rede ist von bis zu 30 % mehr Umsatz in der Branche. Es ist zwar davon auszugehen, dass auch in 2021 und in den kommenden Jahren nach der Legalisierung in Deutschland weitere Umsatzsteigerungen zu erwarten sind, jedoch von einem neuerlichen Boom durch die neue Glücksspielgesetzgebung in Deutschland ist nicht auszugehen. Bei deutsche-wirtschafts-nachrichten.de gibt es weitere Informationen zu den neuen Glücksspielregeln in Deutschland.

Ganz im Gegenteil. Nicht wenige Anbieter ziehen derzeit ihr Angebot an deutsche Spieler zurück. Der Gründe dafür sind hauptsächlich die hohen Auflagen, die für die Ausstellung einer neuen Lizenz erfüllt werden müssen und die Steuern, die nun auf die Online-Glücksspielerträge abgeführt werden müssen. So dürfen Spieler jetzt nur noch maximal 1.000 Euro monatlich in einem Online Casino einzahlen. Die Casinos müssen außerdem 5,3 % aller Einnahmen als Steuer an das Finanzamt abführen.

Das führt dazu, dass Spiele wie Online-Roulette mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 97,2 %, aber auch viele andere Spiele nicht mehr angeboten werden können, da die abzuführende Steuer auf die Einsätze höher ausfällt, als die zu erwartenden Einnahmen seitens der Spieleanbieter. Auch viele Spieler, die bislang innerhalb einer rechtlichen Grauzone bei Online Casinos mit Sitz im Steuer-freundlichen Malta gespielt haben, werden sich daher angesichts besserer Auszahlungsquoten weiterhin bei Anbietern im Ausland spielen. Hier Literatur zu Spielstrategien bei bestimmten Auszahlungsquoten einzelner Spiele finden.

Der eigentlich gut gemeinte Ansatz, das Online-Glücksspiel unter Kontrolle zu bringen, könnte sich also aufgrund handwerklicher Mängel bei den neuen Glücksspielregeln als Fehlschuss erweisen, wenn Spieler nicht in den legalisierten deutschen Online Casinos, sondern weiterhin bei den ausländischen Anbietern spielen. Besser wäre es gewesen, die Steuern auf Online-Glücksspiele an den Bruttogewinn der Online-Casinos zu knüpfen, so wie in Dänemark, wo bis zu 40 % der Gewinne anstatt der Einsätze versteuert werden müssen.

Die Steuereinnahmen wären damit ebenfalls auskömmlich gewesen und das Angebot der Glücksspiele wäre ähnlich vielfältig geblieben wie in den ausländischen Casinos, sodass Spieler keinen Grund hätten auf diese zurückzugreifen. Mit anderen Worten, das Glücksspiel in Online Casinos könnte zwar weiterhin boomen, jedoch nicht bei den deutschen Anbietern.

Neue Regeln stehen auf wackligen Füßen

Ähnlich wie schon beim letzten Glücksspielstaatsvertrag im Jahr 2012 könnte es seitens verschiedener Online-Casinobetreiber wiederum Klagen gegen einzelne Regelungen im neuen Glücksspielstaatsvertrag geben. Das seinerzeit festgeschriebene Verbot der Online Casinos wurde in letzter Instanz vom Europäischen Gerichtshof zu Fall gebracht, weil es gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit verstößt. Die Betreiber hatten sich darauf berufen, dass sie eine gültige Lizenz aus einem anderen EU-Land besitzen und damit ihr Spieleangebot auch in Deutschland legal sein müsse. Dem wurde stattgegeben und Deutschland dazu aufgefordert neue Europarechtskonforme Regel zu erlassen. Auf das Argument der Dienstleistungsfreiheit könnten sich Kläger auch dieses Mal berufen und wiederum eine Neuregelung zum Online-Glücksspiel fordern.

Wie sieht es mit dem geforderten Verbot von ausländischen Anbietern aus?

Grundsätzlich kann die deutsche Gesetzgebung zwar Verbote gegen Anbieter im Ausland aussprechen. Diese dürften jedoch ins Leere greifen, wenn die Anbieter in anderen EU-Ländern offiziell zugelassen und damit legal sind. Das Verbot würde dann jedoch nur für Deutschland gelten. Im Ausland wären die Casinos mit Lizenz weiterhin legal. Die Frage ist auch, ob ein solches Verbot auch tatsächlich vor den Gerichten Bestand hätte. Die von einigen Politikern geforderte Sperrung der Internetseiten für Deutschland ist ebenfalls kritisch zu sehen, da es sich hier bereits um eine Art unerlaubte Zensur handeln könnte. Der Protest innerhalb der Internet-Gemeinde würde sich lautstark Gehör verschaffen.

Ähnliches konnte bereits in der Schweiz erlebt werden. Dort hatte man nach einem Volksentscheid beschlossen nur noch inländische Anbieter für Online-Glücksspiel zuzulassen und Webseiten ausländischer Anbieter, insbesondere aus der EU zu sperren. Die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied kann solche restriktiven Maßnahmen viel einfacher durchsetzen, da die dort herrschenden nationalen Gesetze nicht mit einer übergeordneten Gesetzgebung wie die in der EU konform sein müssen. Dennoch gab es auch in der Schweiz lautstarke Proteste gegen die Sperrung der ausländischen Anbieter, weil dies als Einstieg in die Zensur im Internet empfunden würde. Befürchtet wird hierbei auch, dass solche Sperrungen von Webseiten auch auf andere Bereiche wie Sportwetten ausgedehnt werden würden. Tatsächlich ist das Thema Geo-Blocking in vielen Bereichen immer wieder Gegenstand von Gerichtsverhandlungen und aus Verbrauchersicht eher kritisch zu sehen.